Die Antriebskette, das unbekannte Wesen

Wer bekommt se nicht -feuchte Augen- beim Anblick einer schönen Kette?

Nee, es geht nicht um Perlen- sondern Rollenketten.

Zierde der Kraftübertragung, bei ungestümem Dreh am Gasgriff unserer Bikes isse aber schon.

Jedes Kettenglied besteht aus bissi „Zusammenhalte-Gedöns“ und 2 Rollen.
Ergo hat ne geschlossene Kette immer ne gerade Anzahl Rollen und -tata- ne gerade Anzahl Glieder.
Nur wenn Ketten-Anfang und -Ende aus Innengliedern besteht, können diese durch ein gerades Verbindungsglied verbunden werden. Was die Kette übrigens nicht verlängert. 😂

1. Außenlasche   |   2. Innenlasche  |   3. Bolzen  |   4. Buchse  |   5. Rolle

Die Außenlaschen (1) werden durch Bolzen (3), die durch die Buchsen (4) der Innenglieder hindurchgehen, starr zusammengehalten.
Die Innenlaschen (2) wiederum werden starr durch ihre Buchsen (4) zusammengehalten.
Die Buchsen (4) stecken beweglich auf den Bolzen (3) der Außenglieder (1) (Oh mei!), um so die Beweglichkeit zwischen Innen- und Außenglied zu realisieren. (Puhh)
Auf den Buchsen (4) steckt schließlich als Kontaktfläche zum Zahnrad noch ne drehbare Rolle (5).

Nicht abgebildet.
Die heutzutage üblichen Dichtungen, die möglichst lange verhindern sollen, dass die ebenfalls übliche Dauerschmiere zwischen Bolzen, Buchsen und Rollen rausquaaatscht.
So werden die primitiven Bolzen-, Buchsen-, Rollen-Gleitlager zumindest etwas geschont.

Wird nun der Antrieb in Bewegung versetzt, schmiegt sich die Kette liebevoll um die Rundungen der Zahnräder.
Dabei drücken die Glieder ihre Rollen in die Täler zwischen den Zähnen.

So.
Jetzt knicken die Kettenglieder, eins nach dem anderen, zueinander ab.

Dabei dreht sich also einmal die Buchse des Innenglieds um den Bolzen des Außenglieds.
Und weil das nicht genug ist, auch noch die Buchse des Innenglieds innerhalb der Rolle, die grade das Tal zwischen den Kettenzähnen küsst.

Frage: wenn sich die Buchse in der Rolle dreht, kann sich auch die Rolle um die Buchse drehn. -Uhund, tut sie das auch?
-Also dreht sie sich zusätzlich in der Auflagefläche des Kettenrads oder Ritzels?

Tja.
Ich würde meinen, sie soll es nicht. Nur dann kann sie nen Verschleiß mindernden Job zwischen Kettenglied und Kettenrad aufs Parkett legen.

Eine abgängige Kette kann aber schon mal ihre Dauerfettfüllung zwischen Bolzen, Buchse und Rolle verloren haben. Dann dreht sich die Buchse immer widerwilliger innerhalb der Rolle und i.wann wird dann wohl auch die Rolle mitgedreht.

Das ist ganz klar ein Grund für den Beginn der Haifischzähne, respektive dem Abschleifen der Kettenrad-Profile.

Mit anderen Worten:
Die Rolle liegt im Idealfall relativ ungerührt zwischen den Zähnen, während sich Bolzen und Buchse innendrin ungeniert umeinander und hin und her drehen können.

Korrekte Spannung und möglichst saubere Schmierung ist die zweite Säule für effizienten Betrieb.
Merke: >98% Wirkungsgrad sollen drin sein.
Im umgekehrten Fall wird es dann zum zweiten Grund für Kettensatzverschleiß.

Der „Normalo“ Biker verwendet bekanntlich Kettenspray.
Logo, dass der nicht gleich wieder abgeschleudert werden soll. (Nee, ned der Biker, das Schmierzeugs.) Das ist dann die „große Stunde“ der  Haftzusätze bei klebrigen Sprays.
Blöd, dass auch der ganze Straßen-Dreck bappen bleibt.
Bisses nach ner Weile die reinste Schleifpaste is. Bissi Abhilfe schafft regelmäßiges reinigen und trockene Sprays. Das hält aber den Pflegeaufwand ordentlich in Gang.
Dass das ganz nebenbei die zu übertragenen Kräfte reduziert versteht sich eh von selbst.

Und so laufen se so vor sich hin, unsre Motorradketten, naggisch und verdreckt bei Wind und Wetter.

Ein geschlossenes System würde mit Leichtigkeit den Aufwand gen Null bringen. Ölbad-Kettenkästen haben heutzutage leider nicht den nötigen hippen Coolnesfaktor.
Bleibt als Einfach-Lösung der nachzurüstende Kettenöler. Hier gibts dann wenigstens gleichmäßige  Schmierung und das mittels nicht klebendem Leichtöl.

Die sog. Tropfrate sollte so gering gewählt werden, dass die Spuren des abgeschleuderten Öls kaum wahrnehmbar sind.
Ja, auch hier wird abgeschleudert.
Hier aber weitgehend inkl. aller möglichen Schmutzpartikel, die so quasi runter gewaschen werden.
Das hält die Kette fast frei von abrasiven Partikeln, schützt  sowohl die empfindlichen Dichtungen als auch die Konturen von Rollen und Zähnen. Jedenfalls relativ lange -im Vergleich zu Spray oder nix.

Wem jetzt die sog. pflegefreien Ketten einfallen, dem sei gesagt, dass die zwar aus widerstandsfähigeren Materialien bestehen, dem Grunde nach aber auch nur ganz „normale“ Ketten sind. Und wer an dieser Stelle noch ned alles gerade gelesene vergessen hat, kann sich gern seinen eigenen Reim drauf machen.

Wie auch immer, Öler steigern die Effizienz und -tataaa- minimieren deutlich die Pflegeintensität.
Ja, Kettenreinigung ist so gut wie keine mehr erforderlich. Und wg. des geringen Verschleißes wird auch Kettenspannen zum äußerst seltenen Thema. Vielfahrer und Putzmuffel schwören auf Öler.


Das Öl tropft übrigens nicht von oben auf die Kette. Da würde der Fahrtwind die Dröppsken schnell verwehen.
Nee, Ein steifes Kunststoffröhrchen, Kettenblatt seitig schräg angeschnitten, entlässt via Adhäsion minimal Öl, das durch die Zentrifugalkraft des Kettenrads in und zwischen die Kettenglieder transportiert wird:


Kettenverschleiß, was passiert da jetzt eigentlich?
Die Teilung -also der Abstand zwischen den Gliedern- wird größer, es wird von sogenannter Ketten-Längung gesprochen.
Aber Hallo! Es findet praktisch keine Dehnung des Metalls statt, etwa wie bei nem Bowdenzug.

Durch die schleifpastige (abrasive) Abnutzung der Gliederverbindungen (Rollen, Buchsen, Hülsen, Bolzen, Dichtungs-Gedöns) wird -während die Kette über Ritzel und Kettenrad/ Kettenblatt gezogen wird- stumpf deren Durchmesser abgetragen/ verkleinert. Da vergrößern sich die Abstände wie von selbst.

Klar, dass sozusagen auf der anderen Seite der Kette, die Täler zwischen den Zähnen größer werden.
Immerhin, bei gut gepflegten Ketten an allen Gliedern halbwegs gleichmäßig.

Bei stark gelängter Kette stimmt also der Abstand der Kettenglieder nicht mehr 100% zum Abstand der Zähne. Die einwirkende Kraft kann an immer weniger Auflagepunkten vom ziehenden Kettentrum übertragen werden.

So wandert die Kette dann immer weiter aus den Tälern der Zähne nach außen und frisst sich dort als ‚Haifischzahn‘ ein. Dabei nehmen dann auch Geräusche und Vibrationen zu.

Neben dem abrasiven Dreck beschleunigen regelmäßig falsch gespannte Ketten diesen Effekt.

Wobei falsch fast immer „zu stark“ gespannt meint.
Wieso das jetzt?
Bei den meisten Bikes befindet sich die Antriebswelle mit Ritzel nicht im Schwingendrehpunkt, was die Traktion beim Gas geben begünstigt.
Das bedeutet aber auch, dass die Kettenspannung je nach Grad der Einfederung stärker oder schwächer ist.
Also muss die Kette eine ausreichend lockere Spannung haben, die gerade so ausreicht die Bewegungen ohne knallhart glatt zu spannen auszugleichen.
Mein Tipp:
Minimal stärker als Minimum. Auf keinen Fall auch nur einen Tick über Maximum! Im schlimmsten aller Fälle kann bei zu stark gespannter Kette die Ausgangswelle abscheren oder ihr Lager beschädigt werden. Logo, weit unter Minimum ist auch Käse, da könnte die Kette i.wann abspringen.

Ab 3% gelängter Kette sollte der Kettensatz ersetzt werden. Und zwar inkl. der Zahnräder, warum sollte jetzt ja klar sein.
Tipp:
Drauf achten, dass das Ritzel in „Silent“-Ausführung montiert wird -seitlich mit Geräusch mindernden Gummiblocks.

Erkenne den verschlissenen Kettensatz:
(vorher Kettenspannung einstellen)

Zähne der Zahnräder sind oben spitz, nicht abgeplattet.
verstärkte Laufgeräusche
Kettenspanner am Ende des Einstellbereichs
Kette teilweise schwergängig
feste Glieder (Achtung, dann ist die Kette 100% im Eimer -sofort tauschen!)
Defekte Dichtringe (u.U. schwer erkennbar in dem Dreck)

Kette nach hinten vom hinteren Kettenrad wegziehen:
Lässt sie sich nicht oder kaum abziehen: alles easy.
Je weiter abziehbar, je bleeder.
Krass fertig isse, wenn sogar Täler der Zähne sichtbar werden, wenn mer quasi Lücken sieht, also durchgucken kann:

Obacht.
Bei richtig starkem Kettenradverschleiß tritt dieser Effekt u.U. gar ned mehr auf, also nicht zu früh freuen.

Ungleiche Längung erkennen:
angehobenes freigängiges Hinterrad
je ~1/5 Umdrehung weiter drehen
Ketten-Durchhang muss gleichmäßig sein, darf sich nicht stark unterscheiden.
Obacht:
Unterschiede von 1-2 cm kommen z.T. schon bei  Neufahrzeugen vor.

Wie bereits oben i.wo gesagt,  Ketten mit Dichtringen (X-, O- oder Z-) sind Standard.  Aber trotz bereits beim Vernieten der Kette eingebrachter Innenschmierung funzt das nur, wenn nix kaputt is. 


Quellen:
Wikipedia Grafik: Niabot – Eigenes Werk Based on File:Roller Chain.svg by M. Roeder (Marcus Roeder)
und
Occupational Safety & Health Administration (OSHA) part of the U.S. Department of Labor – http://www.osha.gov/SLTC/etools/machineguarding/animations/chain.html Animation of a chain. Point of Contact Between a Chain and a Sprocke

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