Daher deine kindliche Psyche?
Ja, wenn du so willst.
Aber wie ist es dann möglich, dass du immer mal wieder so weises Zeug von dir gibst?
Ist das so? Wer sagt denn, dass Kinder keine Weisheit besitzen? Ich behaupte, dass ich in meinem Leben nicht wirklich weiser geworden bin, als ich von Anfang an war.
Ok. Wissen, Täuschungen und diverse Erfahrungen kamen im Laufe der Jahre dazu. Aber Weisheit? Was genau soll das sein?
Die Sicht auf die Dinge?
Ja, wär‘ mir jetzt auch nix anderes zu eingefallen
Meine Sicht auf die Dinge war und ist eigentlich immer sehr stark distanziert. Ich fühle mich sehr oft als Beobachter „meiner“ Situationen. Quasi wie ein Dritter, der sich selbst zuschaut.
Ist das etwa eine Identitätsstörung?
Kann ich so nicht sagen. Ich bin auf diese Weise eben stets mein stärkster Kritiker.
An dieser Stelle muss ich aber doch zugeben, dass sich in dieser Hinsicht inzwischen schon einiges geändert hat.
Nicht, dass ich meine Unzulänglichkeiten nicht mehr erkennen würde. Der Umgang damit ist etwas entspannter geworden. Ich wünschte mir zwar noch immer, nicht derart dumm zu sein, dass ich immer wieder in alle möglichen Fettnäpfe trete oder auch im tiefsten Inneren wissentlich, aber eben gleichzeitig doch nicht vorsätzlich Fehler, um nicht zu sagen Verbrechen an einer intelligenten Lebensweise zu begehen.
Ich denke da nicht nur an meinen ökologischen Fußabdruck oder die schwer zu überwältigenden Abneigungen zu bestimmten Personen -die ja allesamt auch nichts für ihre Blödheit können.
Aber du bist doch eigentlich sehr liberal?
Das höre ich gern. Stimmt sicher auch in vielen Fällen. Aber eben bei weitem nicht in allen.
Nennt sich das nicht Überlebenswille oder Selbstschutz?
Das trifft aber eben längst nicht auf alles zu. Ich denke da auch an die vielen Situationen mit Menschen, teilweise mit sehr nahestehenden, da geht es irgendwie nicht weiter, da steck‘ ich offensichtlich total fest.
Spielt denn das Verhalten der anderen dabei nicht auch eine entscheidende Rolle?
Ja, klar. Zu zwischenmenschlichen Missverständnissen gehören mindestens zwei.
Was mich dabei so unendlich nervt ist die innere Gewissheit, würde ich als erster über den Schatten unserer Animositäten springen, sich ein gutes Miteinander einstellt. -Aber ich tue es oft einfach nicht!
Ja, das ist arg. Aber willste denn wirklich die ganze Menschheit retten?
Das scheint es zu sein: wollen scheinbar nicht, aber zu wissen, dass es ginge.
Woraus sich ein Ungleichgewicht ergibt, das mich, jedenfalls ab und an, einseitig belastet.
Na, dann sein froh, dass es nicht zweiseitig ist, wäre sonst noch ne Depression.
So schlimm isses dann auch wieder nicht. Was aber an der zunehmenden Milde liegen könnte, die sich in fortgeschrittenem Alter über die Selbstbetrachtung legt.
Glück gehabt!
Da sag ich jetzt mal nix mehr dazu.
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